Zwei Monate ist es nun her, dass ich auf dieser schönen Insel zwei abenteuerliche und intensive Wochen erlebte. Ich konnte auftanken und war gewappnet für all die Herausforderungen, die mich zu Hause erwarteten. Langsam kehrt wieder Ruhe ein und alles wird nun peu à peu abgearbeitet …
Sonne, Strand und Meer, Berge und Schluchten … Ich liebe Inseln, vor allem wenn es neben traumhaften Stränden auch eine eindrucksvolle Bergwelt gibt. Und diese gibt es auf Kreta … BREATHTAKING – atemberaubend – kann ich dazu nur sagen!
Es gab aber nicht nur „traumhafte“ Strände oder Landschaften! Manchmal fühlte ich mich eher wie in einem Dritte-Welt-Land. Die Armut und der Verfall sind viel spürbarer als auf den Inseln, die ich vor zwei Jahren besucht hatte. Oder aber die wirtschaftliche Misere hat nun auch dort, zwei Jahre später, Einzug gehalten? Ein Viertel von Kreta ist bewachsen mit Olivenbäumen und dürrem Gestrüpp – eine schroffe Landschaft, die sich auch in den Gesichtern der Menschen widerspiegelt. Die Kreter sollen allerdings einer Studie nach die gesündesten Menschen Europas sein. Es läge unter anderem an dem pro Kopf Verbrauch an Olivenöl, nämlich 25 Liter pro Jahr! Ich tippe allerdings bei diesem Ergebnis, dass das hohe Alter und die Zufriedenheit auch dem leckeren Wein und dem bekömmlichen OUZO geschuldet sind.
Gottvater Zeus entführte schon die Göttin EUROPA auf die bezaubernde Insel und zeugte mit ihr unter einem Olivenbaum den ersten Europäer: Minos. Die minoische Kultur bescherte den Menschen vor mehr als 3 500 Jahren prächtige Städte und Dörfer. Der Sohn einer „Immigrantin“ hat also Reichtum und Fülle auf die Insel gebracht. Und die Kreter sind heute stolz darauf, dass durch die Mythologie der Name unseres Kontinents mit ihrer Insel ewig verwoben ist.
Unterwegs mit meinem Hund Leo spürten wir beide die Freiheit, die diese Insel ausstrahlt. Wir waren völlig alleine mitten in den Bergen – im Hinterland des schönen Städtchens „Chania“ – gelandet, in einem kleinen Häuschen, mit einem Innenhof gen Osten – ein idealer Platz zum Frühstücken – und einer Veranda auf der Westseite, die abends herrliche Sonnenuntergänge bei einem leckeren Rosé bescherte. Nach den 2 Wochen wollte ich am liebsten nie mehr weg …
Anfänglich war es gewöhnungsbedürftig und es kostete mich manchmal Überwindung, des Nachts das Haus zu verlassen, aber der Hund musste raus! Zum Glück war Vollmond und irgendwie fühlte ich mich trotz aller nächtlicher Tierstimmen und Geräusche beschützt. „Zeus wacht über mich“, so sagte ich mir und wurde immer mutiger je länger ich da war. Im Dunkeln den Weg mit dem Auto zur Unterkunft zu finden, das war an einem der ersten Tage ein ganz besonders aufregendes Erlebnis, das mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs brachte. Es führten mehrere Wege zu meiner Unterkunft, aber manche sind schmal, abschüssig, ungeteert und zugewuchert – und ich traute dem Navi nicht, wie ich am nächsten Tag feststellte. Nach zweistündiger Odyssee hatte ich es dann doch – schweißgebadet – geschafft!!!
Ein Erlebnis der besonderen Art war der Ausflug zum Botanical Park. Nicht nur das Restaurant ist allererste Sahne und für Vegetarier und Veganer ein absolutes Highlight! Fleisch ist hier irgendwie deplatziert! Es ist ein so friedvoller Ort, der zu recht „Ein Stück Paradies auf Erden“ genannt wird. Der Park wurde aus Asche wieder geboren nach einem Brand im Oktober 2003. Damals fiel während eines Sturms ein Strommast um und das Feuer vernichtete 60 000 Olivenbäume. Doch glücklicherweise gab es nach diesem Unglück in dieser Familie, die zuerst überzeugt war, alles verloren zu haben, eine Vision – und so entstand dieser wundervollen Park auf der verbrannten Erde. Das milde Klima und ein Wasserwerk in unmittelbarer Nähe unterstützten die Pläne und den großen Einsatz der Familie. Was für ein eindrucksvolles Gefühl mit eigenen Augen zu sehen, wie schnell die Natur sich heilen und wie transformatorisch Feuer wirken kann! Zwischenzeitlich wachsen dort Hunderte von unterschiedlichen Obstbaum-, Kräuter- und Blumenarten. Ich habe einen tollen Tannenbaum entdeckt und Hortensien und Geranien … ja, alle Blumen, die auch auf meinem Balkönchen zu Hause wachsen. Ein genialer Nebeneffekt ist auch, dass mehr als 20 Menschen dort nun einen Arbeitsplatz gefunden haben – mit nahezu 15 000 Besuchern pro Jahr stimmt so ein Projekt doch hoffnungsfroh?
Kreta war herrlich. Viel habe ich nicht gesehen – ich hatte vor allem viel Zeit für mich und STILLE! Die Ausfahrten mit der grünen Thea, so nannte ich das klapprige Peugeot-Cabrio, waren immer ein kleines und prickelndes Abenteuer, bei dem ich nur mit mir ganz intensiv im HIER UND JETZT sein konnte.
Zu Hause bemerkte ich – ich habe ganz viele Bilder gemacht, auf denen ein halbvolles Glas zu sehen ist! Als hätte ich geahnt, was mich zu Hause erwartet …